Kapitel 11 Sprechweisen der Statistik

Abschnitt 11.2 Häufigkeitsverteilungen und Prozentrechnung

11.2.4 Stetige Verzinsung


Der Ausdruck an = (1+ r n )n mit r lässt sich in Abhängigkeit von n auch auffassen als Abbildung

a:      ,    na(n)  =   an   =   (1+ r n )n .

Eine Abbildung n an nennt man eine reelle Zahlenfolge. Die Paare (n, an ) für n lassen sich interpretieren als Punkte in der euklidischen Ebene. Im folgenden Bild ist die Folge an = (1+ 0.4 n )n in diesem Sinn als Punktfolge in der euklidischen Ebene dargestellt:

An diesem Bild erkennt man zwei Eigenschaften dieser Folge:
  • Die Folge an , n, ist monoton wachsend, d.h. aus ij folgt ai aj für i,j.
  • Die Folge nähert sich für wachsende n beliebig genau einem Wert a an. Diese Zahl a nennt man den Grenzwert der Folge an und man schreibt

    limn an   =  a.


In der Vorlesung Mathematik 1 wird die natürliche Exponentialfunktion

exp:      ,    xexp(x)=   ex

vollständig eingeführt.

Die natürliche Exponentialfunktion.

Dort wird die folgende Aussage gezeigt:
Info 11.2.18
 
Für beliebiges x gilt

limn (1+ x n )n   =   ex .


Für x=1 ergibt dieser Grenzwert die Eulersche Zahl, benannt nach dem Schweizer Mathematiker Leonhard Euler (1707 - 1783):

limn (1+ 1 n )n   =  e    2,7182.

Man kann zeigen (schwierig), dass die Eulersche Zahl e eine irrationale Zahl ist und sich daher nicht als Bruch schreiben lässt.
Die Exponentialfunktion erfüllt die Potenzgesetze für beliebige reelle Zahlen als Exponenten:
  • exp(x+y)= ex+y = ex · ey =exp(x)·exp(y) für x,y.
  • exp(x·y)= ex·y = ( ex )y = ( ey )x für x,y.

Mit Hilfe der Exponentialfunktion und dem Zusammenhang mit der Folge (1+ x n )n kann man Informationen über den Verzinsungsvorgang erhalten wenn die Anzahl der Zeitpunkte n sehr groß wird: Das Kapital wird jährlich mit einem Faktor (1+ r n )n multipliziert, wenn die Zinsen mit der Rate r n dem Anfangskapital S0 an n verschiedenen Zeitpunkten des Jahres gutgeschrieben werden. Nach t Jahren, t, ist das Kapital angewachsen auf

S0 · (1+ r n )n·t .

Für n ergibt sich der Grenzwert

limn ( S0 · (1+ r n )n·t )  =   S0 · er·t .

Bei wachsendem n werden die Zinsen immer häufiger gutgeschrieben:
Info 11.2.19
 
Den Grenzfall nennt man den Fall stetiger Verzinsung. Die Formel

s(t)  =   S0 · er·t

gibt für positive reelle Zahlen t an, auf welchen Betrag ein Kapital S0 nach t Jahren bei stetiger Verzinsung angewachsen ist, wenn der jährliche Zinssatz r ist.

Beispiel 11.2.20
Ein Guthaben von 5000 EUR wird auf einem Konto bei einem jährlichen Zinssatz von 9% und stetiger Verzinsung angelegt. Nach t=8 Jahren ergibt sich dann ein Guthaben von

5000· e0,09·8   =  5000· e0,72     10272,17   EUR .