Kapitel 4 Lineare Gleichungssysteme

Abschnitt 4.1 Was sind Lineare Gleichungssysteme?

4.1.2 Inhalt

Bevor man richtig loslegen kann, muss man den Sprachgebrauch noch ein bisschen schärfen.
Info 4.1.2
 
Mehrere Gleichungen, die auf eine bestimmte Anzahl Unbekannter gleichzeitig zutreffen, bilden ein sogenanntes Gleichungssystem. Kommen in jeder einzelnen Gleichung eines solchen Systems die Unbekannten in jedem Term nur linear, d.h. höchstens zur Potenz 1 und ausschließlich multipliziert mit (konstanten) Zahlen vor, so spricht man von einem Linearen Gleichungssystem, oder kurz LGS.
Die beiden Gleichungen aus dem einführenden Beispiel 4.1.1 stellen ein Lineares Gleichungssystem für zwei Unbekannte x und y dar. Dagegen bilden die drei Gleichungen

x+y+z=3   und   x+y-z=1   und   x·y+z=2

in den Unbekannten x,y und z zwar ein Gleichungssystem, jedoch kein lineares, da in der dritten Gleichung der Term x·y auftritt, der bilinear in x und y ist und daher der Bedingung der Linearität widerspricht.
Übrigens muss bei einem Gleichungssystem die Anzahl der Gleichungen nicht gleich der Anzahl der Unbekannten sein; darauf wird man später noch zurückkommen.
Info 4.1.3
 
Ist die Anzahl der Gleichungen in einem Gleichungssystem gleich der Anzahl der Unbekannten, so bezeichnet man das Gleichungssystem als quadratisch.
Aufgabe 4.1.4
Bei welchen der folgenden Gleichungssysteme handelt es sich um Lineare Gleichungssysteme?
x+y-3z=0 und 2x-3=y und 1.5x-z=22+y,
sin(x)+cos(y)=1 und x-y=0,
2z-3y+4x=5 und z+y- x2 =25.

Lineare Gleichungssysteme zeichnen sich gegenüber allgemeinen Gleichungssystemen durch eine meist deutlich größere Einfachheit aus. Nichtsdestotrotz spielen sie in den verschiedensten Bereichen eine zentral wichtige Rolle, so in der Medizin z.B. im Zusammenhang mit der Computertomographie, in der Technik etwa bei der Beschreibung, wie sich Schall in komplex gestalteten Räumen ausbreitet, oder in der Physik beispielsweise bei der Frage, welche Wellenlängen angeregte Atome aussenden können. Daher ist es zweifelsohne lohnenswert, sich intensiv mit Linearen Gleichungssystemen auseinanderzusetzen.
Im Vordergrund steht bei Gleichungssystemen generell die Frage, welche Zahlenwerte man für die Unbekannten wählen muss, damit alle Gleichungen des Systems simultan erfüllt sind. Ein solcher Satz von Zahlenwerten für die Unbekannten wird auf den Begriff der Lösung eines Gleichungssystems führen.
Zuvor sollte jedoch eine Feinheit beachtet werden: Abhängig von der Problemstellung ist es unter Umständen nicht sinnvoll, alle möglichen Zahlenwerte für die Unbekannten zuzulassen. Im Eingangsbeispiel 4.1.1 repräsentieren die Unbekannten x und y die Stückzahlen der Ein- bzw. Zweiräder im Besitz der Artistengruppe. Solche Stückzahlen können nur ganze nichtnegative Zahlen, also Elemente von 0 , sein. Daher muss man in diesem Fall die Menge der Zahlen, aus denen die Lösungen stammen können, von vornherein auf 0 einschränken (und zwar sowohl für x als auch y).
Info 4.1.5
 
Diejenige Zahlenmenge, aus der die Lösungen eines Gleichungssystems überhaupt nur stammen können, nennt man die Grundmenge des Gleichungssystems. Die Definitionsmenge ist diejenige Teilmengeder Grundmenge, für die alle Terme in den Gleichungen des Systems definiert sind. Für Lineare Gleichungssysteme fallen Grundmenge und Definitionsmenge zusammen. Als Lösungsmenge schließlich bezeichnet man diejenige Teilmenge der Definitionsmenge, die die Lösungen des Systems zusammenfasst. Diese Lösungsmenge wird mit L bezeichnet.
Ist keine weitere Aussage über die Grundmenge getroffen - und lässt sich auch keine Aussage aus der Problembeschreibung ableiten -, so wird stillschweigend davon ausgegangen, dass die Grundmenge gleich , also gleich der Menge der reellen Zahlen, ist.